Daniel Schürer

Der Konzeptkünstler Daniel Schürer folgt einem »gastlichen« Kunstbegriff, für den er, ausgehend von seinem ersten Kunstraum Via113 (Gründung 1993 in einer ehem. Schusterei), leerstehende Einkaufspassagen, Räuchereien, Treppenhäuser, Hopfendarren, Bahnhöfe, Parkhäuser, Kasernen, Stallungen oder Verlagsgebäude u.v.m. zu vitalen Kunstorten auf (un/bestimmte) Zeit umwidmet.

Das Publikum permutiert von der Betrachter:innenrolle zu Gästen und Teilnehmer:innen seiner Interventionen, das Verweilen und das Zusammenkommen sind die Gradmesser seiner meist installativen und raumgreifenden Einlassungen. Diese richten sich u. a. als Kloster, als Tanzboden, als Speiselokal, Café oder Hotel, Musik-Club, Radiostation, Zeitungsverlag, fiktive Firma, Werft an die Öffentlichkeit.

Verhandelt werden an diesen temporär etablierten Kunsträumen soziale Themen »wie das ›Nichts‹, die ›Gemeinschaft‹, das ›Miteinander‹ und damit Verbunden das ›Gegeneinander‹, gelegentlich in Worten, oft spielerisch«, so schreibt der Künstler.  Geradezu performativ agiert er seit Anfang der 1990er Jahre von der Via113 in Hildesheim aus intermedial als Gründer und Betreiber verschiedenster Vermittlungsformate – die im weitesten aber auch engsten Sinne »Kunstvereine« sind – und hat nomadisch im Bundesgebiet (Hildesheim, Heudeber-Danstedt, Bonn, Weimar, Hannover, München, Bad Ems u. a.) und europaweit (Porto, Brüssel, Isle of Skye, Banska Stiavnica, Luxemburg u.a.) »Außenstellen« errichtet und teils über Jahrzehnte bespielt, um nun im kleinen Dorf Reusten (Neckar-Alp Kreis, 14km von Tübingen) Randlagen kulturell mit dem Süddeutschen Kunstverein und dem Bergcafé zu »versorgen«, in und mit der Region sein künstlerisch-kuratorisches Angebot zu realisieren.

Schürers Ansatz darf auch humanistisch gelesen werden, sein Vermittlungsvermögen und- wille schaffen es, die durchaus komplexen Bezüge seiner Arbeit ohne Ausgrenzung zu adressieren, so dass Eröffnungen seiner umfänglichenen Projekte z. T. Volksfesten ähneln, wo kunstnahe und -ferne, junge und alte Gäste (mit einfachen, äußerst schmackhaft zubereiteten Speisen begleitet) zusammenfinden. Der rastlose, bescheidene und nahbare Kulturarbeiter wird den Kunstraum für die Dauer seines Projektes transformieren, ob zu einem Club, einem Gasthaus oder einer Herberge, ob zu einem Labor für Kolleg:innen, einem Verein oder einer Firma? Vielleicht dann doch ein Kloster, sein Kloster, Mosteiro Schuerer, wie der Titel des Projektes vermuten lässt. Elementar für ihn ist, am Ort seiner Handlung zu verweilen, ein Programm anzubieten, Kolleg:innen einzuladen, mit den Menschen vor Ort zusammenzuarbeiten, in Kontakt zu kommen, Gemeinschaft zu generieren, Stille auszuhalten. Fakt ist, dass sich die Gäste bzw. Besucher:innen seiner Projekte willkommen fühlen dürfen und sich andeutet, wie weit die Aussage »ganzheitliches künstlerisches Handeln« reicht, wie Kunst und Leben zusammengehen, »wie Scheitern und Reüssieren andersartig wahrgenommen  werden können«, so der Künstler weiter. Das Projekt macht sicht- und erlebbar, wie unterschiedlich das Modell Kunstverein praktiziert werden darf und welche »Ergebnisse« dieser Einsatz in Personalunion zeitigen können.

Nachdem er 2006 bereits für die Ausstellung »Glauben und Wissen« in der Galerie der Künstler:innen mit »Via113 zu Gast  in München« in der Landesmetropole weilte, wird Schürer fast 20 Jahre später nun im Kunstraum München erneut Gast und Gastgeber sein.

Einladungskarte | Grafik: Daniel Schürer u. Niklas Hlawitschka

Daniel Schürer (*1965 Biberach a.d. Riss) wuchs in Cannobio (I) auf, ging in Locarno (CH) zur Schule, studierte nach Beginn einer Ausbildung zum Sommelier in Triberg und Wechsel an die Tanz-Theaterschule Imperia (I) von 1991-98 Angewandte Kulturwissenschaften an der Universität Hildesheim. Er gründete und leitete von 1992 -2024 den Kunstverein Via113 mit diversen Außenstellen. 1999-2000 Ausstellungsraum L’Ost1999, Weimar. 2000-2024 Mosteiro Schuerer, Porto (PT), seit 2009 Süddeutscher Kunstverein, Reusten. Der Künstler hat weitere Projektrahmen entwickelt und eröffnet, z. B. ICAI, Skye, Schottland (UK), BBB-Brüssel-Bagdad-Berlin, Brüssel (BE), Hotel Weisses Rössel, Reusten, KAPELLE, Bonn und Brüssel, Bergcafé Reusten, CLAP/Porto (PT). Er erhielt diverse Arbeits- und Aufenthaltsstipendien (u. a. Jahresstipendium Land Niedersachsen, Schloss Balmoral, MQ Artist-in-Residence Programm, Wien, AT) und setzte national wie international Projekte mit institutioneller Anbindung um (u. a. Kunstverein Hannover, Kunsthalle Mainz, XXIII Bienal Internacional de Arte de Cerveira, Porto (PT), Konschthaus beim Engel, Luxemburg (LU), space, Bratislava (SVK).

Kuratiert von Alexander Steig

Die Ausstellung wird gefördert durch eine großzügige Mitgliedsspende und die Finbridge GmbH & Co KG.

[Buchvorstellung] Heidi Mühlschlegel: Frau S. und ihr Mann

Die Ausstellung »Heidi Mühlschlegel: Frau S. und ihr Mann« war während der Pandemiezeit 2019/20 im Kunstraum nur unter Einschränkungen zu sehen gewesen. Die Publikation macht die Ausstellung nun noch einmal in anderer Form präsent.

Heidi Mühlschlegel arbeitet in ihren Werken (Zeichnung, Malerei, Plastik, Installation) häufig mit den Prinzipien von Schichtung und Überlagerung. Materialien wie Bildmotive werden wiederverwendet, übermalt oder übernäht. Es entsteht ein bezugreiches Bedeutungsgeflecht, das sich in den Werken immer wieder neu entfaltet.

Wir freuen uns, die Publikation nun vorstellen zu können. Die Künstlerin und die Kuratorin der Ausstellung 2019, Daniela Stöppel, sind anwesend. Während der Präsentation ist die Publikation zu einem Sonderpreis erhältlich.

Heidi Mühlschlegel: Frau S. und ihr Mann
München: Kunstraum München 2024. Hrsg. von Daniela Stöppel f. d. Kunstraum München. Text von Daniela Stöppel. Gestaltung: Maximilian Westphal. Dt./Engl. 36 Seiten. 18 farbige Abb. 24 x 21 cm. Softcover. 19,- Euro.

ISBN 978-3-948754-01-3

Zur Publikation erscheint eine limitierte Edition, die als Vorzugsausgabe erhältlich ist.