Studio Stadt. Peripherien elektronischer Musik

Programm der Ausstellung:

Siemensarbeiterin Yurda Gül – mit Ahu Dural
während der Eröffnung

Asmus Tietchens, live! – in der Favorit Bar, Damenstiftstr. 12, anschließend DJ Zipo
Donnerstag, 15. Juni 2023, Einlass: 20:30 Uhr

Helle Fabrik, Dunkelkammer Produktion – mit Jochen Becker
Mittwoch, 28. Juni 2023, 19:00 Uhr

Kuratorische Präsenz
Sonntag, 16. Juli 2023, 14:30 bis 16:00 Uhr

VariaVision – Unendliche Fahrt und das Siemens-Studio für elektronische Musik – mit Michaela Melián
Sonntag, 16. Juli 2023, 16:00 Uhr

Kuratorisches Gespräch mit Ralf Homann und Florian Wüst, anschließend Finissage
Sonntag, 23. Juli 2023, 19:00 Uhr

Studio Stadt betrachtet elektronische Musik als frühe Form digitaler Kultur und setzt sie ins Verhältnis zu den sich verändernden urbanen Peripherien in München und Berlin. Ausgehend von der Geschichte des 1960 in München gegründeten Siemens-Studios für elektronische Musik mischt Studio Stadt. Peripherien elektronischer Musik diverse (Ton-)Spuren zu einer Reflexion über die Automatisierung der Arbeits- und Lebenswelt im 20. und frühen 21. Jahrhundert. Global agierende Tech-Konzerne sind nicht nur Akteure der Industrialisierung, sondern prägen seit jeher über das Eigentum an Grund und Boden sowie firmeneigene Immobiliengesellschaften die soziale Stadtentwicklung. Vor diesem Hintergrund experimentieren die Künstler:innen in Studio Stadt mit den Potentialen der Hörbarmachung unsichtbarer Ströme und Infrastrukturen und der Sichtbarmachung ungehörter Erzählungen, die in den Körper der Stadt eingeschrieben sind.

Studio Stadt. Peripherien elektronischer Musik ist eine Kooperation zwischen Scharaun und Kunstraum München. Die Ausstellungen in München und Berlin (24. Juni – 30. Juli 2023, Eröffnung: 24. Juni 2023, 18-22h) finden nahezu gleichzeitig statt und werden von einem Veranstaltungsprogramm mit recherchebasierten Interventionen im öffentlichen Raum, Filmen, Gesprächen, Vorträgen und Performances begleitet.

Berliner Ausstellung: Scharaun, Jungfernheideweg 4, 13629 Berlin-Siemensstadt, Samstag und Sonntag von 12–18 Uhr – scharaun.de

mit Arbeiten von:

Jochen Becker, Christian Collet, Ahu Dural, Regine Elbers, Larissa Fassler, Herbert W. Franke, Hans G. Helms, Anton Kaun, Christina Kubisch, Michaela Melián, Josef Anton Riedl, Stefan Römer

Kuratiert von Ralf Homann und Florian Wüst in Zusammenarbeit mit Tim Tetzner und Jaro Straub.

Die Ausstellung wird ermöglicht durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch das Kulturreferat der Landeshauptstadt München.

With work by Jochen Becker, Christian Collet, Ahu Dural, Regine Elbers, Larissa Fassler, Herbert W. Franke, Hans G Helms, Anton Kaun, Christina Kubisch, Michaela Melián, Josef Anton Riedl, and Stefan Römer.

Studio City looks at electronic music as an early form of digital culture and relates it to the changing urban peripheries of Munich and Berlin. Based on the history of the Siemens Studio for Electronic Music, which was founded in Munich in 1960, Studio City. Peripheries of Electronic Music mixes diverse (sound) tracks into a reflection on the automation of work and life in the 20th and early 21st centuries. Globally operating tech corporations are not only actors of industrialization but have always shaped social urban development through land ownership and company-owned real estate companies. Against this background, the artists in Studio City experiment with the potential of making invisible flows and infrastructures audible and unheard narratives visible, all of which are inscribed in the body of the city.

Curated by Ralf Homann and Florian Wüst in collaboration with Tim Tetzner and Jaro Straub A cooperation with Scharaun, Berlin-Siemensstadt.

Exhibition program:

Siemensarbeiterin Yurda Gül – mit Ahu Dural
– during the opening on June 14 –

Asmus Tietchens, live! – at Favorit Bar, Damenstiftstr. 12, afterwards DJ Zipo
Thursday, June 15, 2023, admission at 8:30 p.m.

Helle Fabrik, Dunkelkammer Produktion – with Jochen Becker
Wednesday, June 28, 2023, 7:00 p.m.

Curatorial presence
Sunday, July 16, 2023, 2:30–4:00 p.m.

VariaVision – Unendliche Fahrt und das Siemens-Studio für elektronische Musik – mit Michaela Melián
Sunday, July 16, 2023, 4:00 p.m.

Curatorial talk with Ralf Homann and Florian Wüst, then finissage
Sunday, July 23, 2023, 7 p.m.

[Buchpräsentation und Ausstellung] Paula Leal Olloqui

2021 begann Paula Leal Olloqui ausgehend von einer Einladung zur Sommerresidenz im Kunstraum München zu dessen Geschichte zu forschen. Nun schließt ihre Buchpräsentation das Jubiläumsjahr 2023 ab, in dem der Kunstraum sein 50-jähriges Bestehen feiert.  

Oft gab der Kunstraum Publikationen zu den zahlreichen Ausstellungen heraus, die über die vergangenen 50 Jahre in fünf unterschiedlichen Räumlichkeiten realisiert wurden. Im Sinne ihrer Arbeitsweise, die meist raumbezogen ist und den Kontext ihrer Entstehung reflektiert, hat Paula Leal Olloqui die ehemaligen Ausstellungsorte des Kunstraum München aufgesucht und in ihrer jetzigen Nutzung dokumentiert. 

Die so entstandenen Fotos dienen ihr neben den antiquarisch erstandenen Katalogen als Material für Collagen, in denen die Kunst ihren Weg zurück in Räume findet, die heute Anwaltskanzleien und Kindergärten sind. 

Die Publikation montage élastique bildet die Arbeit auf 200 Seiten ab und zeigt neben den Collagen zahlreiche Fragmente der Recherche- und Archivarbeit der Künstlerin.

Gefördert von der Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung und der LfA Förderbank Bayern.
Mit freundlicher Unterstützung durch die Kaffeerösterei Rehm und Saluki.

[Gespräch] Künstlergespräch zwischen Tim Beeby und Wolfgang Ullrich

Am Sonntag, den 12. März 2023, um 14:00 Uhr laden wir herzlich zum Künstlergespräch zwischen Tim Beeby und Wolfgang Ullrich ein.

Bereits 2019 erschien im KUNSTFORUM ein umfassendes Interview von Wolfgang Ullrich mit dem Künstler über »Unsigned Untitled Undated«. Das damals per Email geführte Gespräch über das zugrundeliegende Konzept, die künstlerischen Intentionen und die aktive Rolle der Besucher:innen wird nun vor Ort im Kunstraum München live fortgeführt und aktualisiert [KUNSTFORUM (Bd. 259/2019) http://tim-beeby.de/kunstforum_d.html].

Noch bis Sonntag, 19:00 Uhr haben Besucher:innen weiterhin die Gelegenheit, eine in der Ausstellung präsentierte Leinwand auszuwählen und sie kostenlos mitzunehmen oder die Leinwand vom Künstler signieren und mit Titel und Datum versehen zu lassen und sie zum regulären Marktpreis anzukaufen. Der Künstler ist an allen fünf Tagen zu den Öffnungszeiten vor Ort.

Tim Beeby ist visueller Künstler und Übersetzer für Museen; er lebt und arbeitet in Essen. Sein 2017 begonnenes konzeptuelles Projekt »Unsigned Untitled Undated« machte zunächst in Berlin, Wien und Köln Station. 2018 rezensierte DIE ZEIT die Premiere in einem Berliner Off-Space. Im Oktober 2022 fand im LWL-Museum für Kunst und Kultur Münster die erste institutionelle Präsentation statt. Im Kunstraum München, dem fünften Ausstellungsort, ist das Konzept zum ersten Mal in Süddeutschland zu sehen.

Prof. Dr. Wolfgang Ullrich arbeitet als Kulturwissenschaftler, Berater und Autor und ist Mitglied des Kuratoriums des Kunstraum München. Seine Forschungsgebiete umfassen die Geschichte und Kritik des Kunstbegriffs, Konsumtheorie und bildsoziologische Themen. Von 2006 bis 2015 war Wolfgang Ullrich Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe und arbeitet seitdem freiberuflich in Leipzig. Zusammen mit Annekathrin Kohout gibt er die Buchreihe »Digitale Bildkulturen« im Verlag Klaus Wagenbach heraus.

Das Projekt wird gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch ein NEUSTARTplus-Stipendium der Stiftung Kunstfonds / NEUSTART KULTUR der BKM.

Ein vom Künstler leicht gekürztes Video des Gesprächs finden Sie hier.

Lisa Hofmann Olaf Metzel

Für 2023 hat der Kunstraum ein besonderes Programm entwickelt, das Bezug auf die Historie und Zukunft der Institution nimmt: Wir laden Künstler:innen, die seit den 1970er-Jahren im Kunstraum vertreten waren, ein, mit weiteren Künstler:innen gemeinsam oder in Bezug aufeinander ein Ausstellungsprojekt zu entwickeln.
Olaf Metzel hat in der Geschichte des Kunstraum München bereits drei Mal ausgestellt: 1982 fand seine erste Einzelausstellung in den Räumen der Nikolaistraße 15 und einer ehemaligen Tankstelle in der Landsbergerstr. 193 statt, 1990 folgte eine weitere mit Zeichnungen in der Viktor-Scheffel-Straße 20. Mit dem Maler Günther Förg zeigte er 2002 verschiedene Gemeinschaftsarbeiten als raumgreifende Installationen in der Zieblandstraße 8.

Mit der Berliner Künstlerin und Dokumentarfilmerin Lisa Hofmann wird Olaf Metzel nun einen Schwerpunkt auf gesellschaftspolitische Spannungsfelder rund um Wohnungsfragen, Verdrängungsprozesse und Diskriminierungsstrukturen legen.

Die gemeinsame Ausstellung dokumentiert und verhandelt soziale Realitäten und urbane Situationen aus historischer wie aktueller Perspektive: Metzel greift hierfür sein Projekt „Türkenwohnung Abstand 12 000,- DM VB“ von 1982 wieder auf – eine Auseinandersetzung mit dem alltäglichen Rassismus im Umgang mit ‚Gastarbeiter:innen‘ in der BRD –, für das er in Berlin-Wedding eine Wohnung anmietete, die kurz zuvor einer Familie türkischer Herkunft gekündigt worden war, um eine skulpturale wie filmische Intervention zu realisieren. Ebenso schonungslos reflektiert Lisa Hofmanns Film fast vierzig Jahre später gewaltvolles Eindringen in den privaten Raum: in „Auszug aus“ (2021) folgt die emphatische Langzeitbeobachtung in intimen Szenen dem Schicksal zweier Protagonisten, die aus ihren Wohnungen – ebenso in Wedding – zwangsgeräumt werden und macht die absurden Logiken von Wohnungsmarkt und -politik in pointierten Bildern sichtbar, ohne in polemische Muster zu verfallen.

Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten Konnotationen verschoben haben – strukturell hat sich kaum etwas geändert. In der Gegenüberstellung schärfen die unterschiedlichen künstlerischen Strategien und Entwicklungsmomente die Sicht auf virulente Debatten, deren mediale Vermittlung und Auswirkungen auf das Leben von Individuum und Gesellschaft. Wohnungsnot, Recht auf Wohnen, Ausgrenzung, Verdrängung und Diskriminierung sind nicht nur in Städten wie Berlin allgegenwärtige Themen, die damals wie heute den Nerv der Zeit treffen.

Lisa Hofmann (*1992 in Berlin) hat 2021 ihr Studium der Bildenden Kunst an der Universität der Künste Berlin als Meisterschülerin von Prof. Ursula Neugebauer abgeschlossen. In ihren dokumentarisch essayistischen Filmen und Fotografien reflektiert sie prekäre Lebenswelten und Beziehungsgeflechte, die von Entfremdung geprägt sind. „Auszug aus“ wurde 2022 mit dem Grand Prix – Documentary des Concordia Film Festivals in Montreal ausgezeichnet. Zuletzt waren ihre Arbeiten im Rahmen des diesjährigen European Month of Photography in Berlin zu sehen.

Olaf Metzel (*1952 in Berlin) studierte an der Freien Universität Berlin und an der Hochschule der Künste in Berlin. Von 1990 bis 2019 war er Professor an der Akademie der Bildenden Künste München. Heute zählt er zu den bedeutendsten deutschen Bildhauern der Gegenwart, dessen vielschichtiges Werk sich von Skulpturen und Reliefs über Assemblagen, Collagen, Fotografien, Videoarbeiten und Zeichnungen erstreckt. Neben zahlreichen Einzelausstellungen im In- und Ausland nahm er u. a. an der documenta 8 (1987), den Skulptur Projekte Münster (1987 und 1997) sowie der Istanbul-Biennale (1991, 1995 und 2017) teil. Metzel wurde darüber hinaus mit einer Vielzahl von Preisen und Auszeichnungen bedacht.

Kuratiert von Nina Holm und Constanze Metzel

Aus Anlass der Ausstellung erscheint eine neue Episode unseres Podcasts »Kunstraum.Kunstraum« mit Emily und Ralf. https://www.kunstraum-muenchen.de/podcast/

Die Ausstellung wird gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München.

For 2023, Kunstraum München has developed a special program that refers to the history and future of the institution: We invite artists who have been represented at Kunstraum München since the 1970s to work on an exhibition project together with other artists or in relation to each other.

The sculptor Olaf Metzel has already exhibited three times in the history of Kunstraum München: in 1982, his first solo exhibition took place in the rooms of Nikolaistrasse 15 and a former gas station at Landsbergerstr. 193, followed by another one with drawings at Viktor-Scheffel-Strasse 20 in 1990. With the painter Günther Förg, he showed various collaborative works as extensive installations at Zieblandstrasse 8 in 2002.

Together with Berlin-based artist and filmmaker Lisa Hofmann, Metzel focuses on sociopolitical implications and conflicting fields surrounding housing issues, displacement processes, and discrimination structures.

The joint exhibition documents and negotiates social realities and urban situations from both historical and contemporary perspectives: for this, Metzel revisits his 1982 work complex Türkenwohnung Abstand 12 000,- DM VB – an examination of everyday racism in the treatment of ‚guest workers‘ in the Federal Republic of Germany – for which he rented an apartment in Berlin-Wedding that had shortly before been terminated for a migrant family in order to realize a filmic and sculptural intervention. Almost forty years later, Lisa Hofmann’s film is just as unsparing in its reflection of violent intrusions into private space: The emphatic long-term observation „Auszug aus“ (2021) follows in intimate scenes the fate of two protagonists who are evicted from their apartments – also in Wedding – making visible the absurd logics and classist systematic of housing market and policy in pointed images without falling into polemical patterns.

Even if connotations have shifted in recent decades – structurally, hardly anything has changed.
In juxtaposition, the two different artistic strategies and accompanying developmental moments from their time as contrasting foils and projection surfaces sharpen the view of virulent debates, their mediatized mediation, and effects on the lives of individuals and society:

Housing shortage, the right to housing, housing as a commodity, exclusion, displacement, and discrimination are ubiquitous problems, not only in cities such as Berlin, that struck a chord then as now.

Lisa Hofmann (*1992 in Berlin) graduated in 2021 from the Universität der Künste in Berlin as a master student of Prof. Ursula Neugebauer. In her performative documentary films and photo essays, she reflects on precarious living environments and networks of relationships marked by alienation: Hofmanns artworks investigate social power structures and how they become visible in the appearance of individual people – not as mere descriptions, but as potential scope for action to speak, think, and shape realities differently. „Excerpt from“ was awarded the Grand Prix – Documentary at the Concordia Film Festival in Montreal in 2022. Most recently, her work was on view as part of this year’s European Month of Photography in Berlin.

Olaf Metzel (*1952 in Berlin) studied at the Freie Universität and at the Hochschule der Künste in Berlin. From 1990 to 2019 he was a professor at the Akademie der Bildenden Künste in Munich. Since the 1970s, his projects address issues of (state) power, control, surveillance, media politics, exclusion, migration, and violence. Today, he is one of the most important contemporary German sculptors, whose multi-layered work ranges from sculptures and reliefs to assemblages, collages, photographs, video works, and drawings. In addition to numerous solo exhibitions in Germany and abroad, he has participated in documenta 8 (1987), Skulptur Projekte Münster (1987 and 1997), and the Istanbul Biennial (1991, 1995, and 2017), among others. Furthermore, Metzel has received a large number of prizes and awards.

Curated by Nina Holm and Constanze Metzel

Programm der Ausstellung:

Führung durch die Ausstellung mit Ambra Frank und Luise Horn
Samstag, 15. April 2023, 18:00 Uhr

Vortrag von Gürsoy Doğtaş: »Interieur – im Wohnzimmer der Arbeitsmigrant:innen aus der Türkei«
29. April 2023, 17:00 Uhr

Führung durch die Ausstellung mit Ambra Frank und Luise Horn
Samstag, 29. April 2023, 18:00 Uhr

Ein Gespräch zwischen Lisa Hofmann und Olaf Metzel, moderiert von Kea Wienand
Samstag, 6. Mai 2023, 16:00 Uhr

Finissage in kuratorischer Präsenz mit Nina Holm und Constanze Metzel
Sonntag, 7. Mai 2023, 16:00 bis 19:00 Uhr

[Gespräch] Hagen Verleger und Dr. Bettina Knaup »Performing Archives«

Am Sonntag, den 5. Februar, um 16:00 Uhr widmen wir uns mit Hagen Verleger (Berlin) und Dr. Bettina Knaup (Berlin) dem Spannungsfeld von »Performing Archives« und »Archives of Performance«.

Bettina Knaup, Kuratorin und Autorin, stellt das von ihr mitinitiierte Archiv- und Performanceprojekt »re.act.feminism« vor – ein laufendes Archiv- und Forschungsprojekt zu Feminismus/Feminismen und Performancekunst, das von 2008 bis 2013 durch Europa tourte und 2022 im Rahmen der Manifesta 14 in Pristina eine Neuauflage erfuhr. Hagen Verleger, Buchgestalter und Theoretiker, gibt Einblicke in seinen kuratierenden und kommentierenden Ansatz in der aktuellen Ausstellung »Kr. Inventory: Archive on Display«, in der das Archiv des Kunstraum München eine räumliche (Re-)Aktivierung erfährt.

Was bedeutet es, Archive »in Bewegung« zu setzen, was »Bewegung(en)« zu archivieren? Welche Grenzverschiebungen, Transformationen und Eingriffe vollziehen sich in diesen Prozessen und wie lassen sie sich im Spannungsfeld von ästhetischer und wissenschaftlicher Praxis bewerten? 

Das Gespräch wird von Lena von Geyso moderiert. 

Dr. Bettina Knaup ist Kuratorin und Autorin. In freiberuflicher Tätigkeit hat sie zahlreiche internationale Festivals, Ausstellungen und Projekte (ko-)kuratiert, darunter das International Festival of Contemporary Arts »City of Women« (Ljubljana, 2001–2004), »performing proximities« (Beursschouwburg, Brüssel, 2008), »performance platform: body affects« (Sophiensaele, Berlin, 2012) und das Archiv- und Performanceprojekt »re.act.feminism«, das von 2008 bis 2013 durch Europa tourte (u. a. Akademie der Künste Berlin; Fundació Antoni Tàpies, Barcelona; Wyspa Institute of Art, Gdańsk; Tallinn Art Hall) und 2022 im Rahmen der Manifesta 14 in Pristina eine Neuauflage erfuhr. Gegenwärtig beschäftigt sich Knaup ausgehend von ihrer Promotion »performing (as) waste« mit der Arbeit zahlreicher Künstler:innen und Wissenschaftler:innen, die Müll als dauerhaft und als jenseits menschlicher Verwertungszusammenhänge betrachten, und mit Formen des (Nicht-)Wissens in Bezug auf dieses scheinbar tote Material experimentieren. Knaup ist Fellow im Fellowship-Programm für Kunst und Theorie 2022–23 des Künstlerhauses Büchsenhausen, Innsbruck. 

Hagen Verleger ist Buchgestalter, Forscher und Herausgeber. Seine künstlerischen Arbeiten setzen sich u. a. mit Machstrukturen innerhalb von Institutionen, Formen kollektiver Autor:innenschaft, und ideologiekritischen Perspektiven auf die Materialität von Schriftlichkeit auseinander. 2017/2018 war er Artist-in-Residence an der Jan van Eyck Academie in Maastricht (Niederlande), 2020 Fellow am Deutschen Literaturarchiv Marbach und Stipendiat der Kulturstiftung Schloss Wiepersdorf sowie 2021 Artist-in-Residence in den Résidences-Ateliers Vivegnis International (RAVI) in Liège (Belgien).

Das Projekt wird unterstützt von Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Hagen Verleger Kr. Inventory: Archive on Display

Zum Auftakt des Jubiläumsjahres widmet sich der Buchgestalter und Theoretiker Hagen Verleger (Berlin) der großen Materialfülle unseres Archivs in einer kuratierenden und kommentierenden Form. Im Spiel mit musealen und archivarischen Konventionen wird der Inhalt des Archivs aus dem Abstellraum in den Ausstellungsraum transferiert, wobei sich die Geschichte(n) der Institution anhand von ihren Künstler:innen, Netzwerken, Räumen und Publikationen in der Geste des Ausstellens sowohl entfalten als auch bewusst entziehen. Was zeigen der Raum eines Archivs, seine Leerstellen, sein Gewicht oder eine Liste von Namen? Was legen materielle und narrative Rahmenbedingungen offen? Was passiert zwischen der Ausstellung eines Archivs und seinem Gebrauch?

Kuratiert von Lena von Geyso

Das Ausstellungsprojekt entstand in engem Austausch mit der Archivgruppe des Kunstraum München (Patricia Drück, Lena von Geyso, Nina Holm, Luise Horn, Lennart Laule, Cora Piantoni, Friederike Schuler und Alexander Steig). 

Das Projekt wird unterstützt von Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

To kick off the Kunstraum München’s 50th anniversary in 2023, book designer and researcher Hagen Verleger (Berlin) explores the great wealth of material in the Kr. archive in a curated and annotated form. The exhibition links the archive as content with the archive as a place where history is made. In an interplay between museum and archival conventions, the contents of the archive are transferred from the storage space to the exhibition space, and the history(ies) of the institution simultaneously unfolds (its artists, networks, spaces, and publications) and is consciously eluded. What do the space of the archive and its gaps, weight, or list of names reveal? What do material and narrative frameworks reveal? What happens between the exhibition of an archive and its use?

The exhibition was created in close exchange with the archive group of the Kr., consisting of board members Patricia Drück, Lena von Geyso, Nina Holm, Luise Horn, Lennart Laule, Cora Piantoni, Friederike Schuler and Alexander Steig.

[Gastprojekt] Unsigned Untitled Undated – eine konzeptuelle Aktion mit Arbeiten auf Leinwand von Tim Beeby

»Unsigned Untitled Undated« ist das Angebot an die Besucher:innen des Kunstraum, ein unsigniertes Werk kostenlos mitzunehmen. Alternativ können Interessenten die Leinwand vom Künstler signieren lassen und sie dann zu den marktüblichen Konditionen käuflich erwerben.

Die Ausstellung besteht aus Arbeiten auf Leinwand aus Tim Beebys Serie »Inks«, in Stapeln an die Wand gelehnt oder gehängt. Alle Werke sind unsigniert, unbetitelt und undatiert. Die Besucher:innen des Kunstraums sind eingeladen, eine in der Ausstellung präsentierte Leinwand auszuwählen und sie kostenlos mitzunehmen.

Alternativ können Interessenten entscheiden, die Leinwand vom Künstler signieren und mit Titel und Datum versehen zu lassen und sie dann zum regulären Marktpreis anzukaufen. Alle käuflich erworbenen Werke werden fotografisch dokumentiert, und der:die Käufer:in erhält ein unterschriebenes, datiertes Echtheitszertifikat.

In Bezug auf die verwendeten Materialien und das ästhetische Erscheinungsbild sind die unsignierten und die signierten Arbeiten nicht voneinander zu unterscheiden. 

Das Projekt wird gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch ein NEUSTARTplus-Stipendium der Stiftung Kunstfonds / NEUSTART KULTUR der BKM.

Unsigned Untitled Undated – a conceptual exhibition of works on canvas by Tim Beeby

Soft Opening: March 8, 2:00 p.m.
Artist talk between Tim Beeby and Wolfgang Ullrich: March 12, 2:00 p.m.

Visitors to the exhibition at the Kunstraum München are invited to select an unsigned work on canvas to take away with them free of charge. Alternatively, they can have the canvas signed by the artist and acquire it at the standard market price.

The »Unsigned Untitled Undated« event involves works on canvas from Tim Beeby’s ongoing series »Inks« – presented in stacks against the wall or hung. All of the works are unsigned, untitled, and undated. Visitors are invited to select a canvas, which they may take with them, free of charge.

Alternatively, visitors can have their canvas signed, dated, and titled by the artist and acquire it in the conventional manner at market price. The works that are purchased will be photographically recorded, and a signed and dated certificate of authenticity will be issued to the purchaser.

In terms of materials and aesthetic value, the unsigned and signed groups of work remain indistinguishable.  


Max Weisthof

Sattler-Nähmaschinen, Stahl, Leder, Fellteile: Schwere Materialien und Werkzeuge, Arbeiten auf Papier, Skizzenbücher und eine Fülle elektronischer Bauteile prägen den Fundus im Atelier von Max Weisthoff. Die permanente Arbeit im Unfertigen beeinflusst das ausstellerische Handeln: Neben Skulptur und Installation steht immer wieder der Körper – besonders der eigene – im Fokus ortsbezogener Aktionen und Performances. Die Archaik der Werkzeuge und Materialien formatiert die Auseinandersetzung mit dem Körper und mit Themen wie Maske, Entzug, Kontrolle und Übergriffigkeit im Raum.

Zehn ausgemusterte Scheinwerfer von 1972 des Olympiastadions München – jeweils 30 kg schwer und mit einem Durchmesser von gut 80 cm – wurden letztes Jahr als Schenkung Teil des Materiallagers. Im Zuge der hybriden Performance „Industrial Music for Industrial People“ (2021, Rosa Stern Space) wurden zwei der Strahler bereits zu wuchtigen Bass-Lautsprechern umgerüstet. Die Zeit im Kunstraum wird Max Weisthoff für weiterführende Versuche mit den technoiden Formen nutzen und die Objekte im Hinblick auf ihr spezifisches Resonanzverhalten untersuchen – der Ausstellungsraum verwandelt sich dabei zu einer skulpturalen Laborsituation.

Max Weisthoff (*1988 in Hannover) studierte Freie Kunst an der Muthesius Kunsthochschule und der Akademie der Bildenden Künste München. Seine bildnerische Herangehensweise nutzt den zunehmend invasiven Unschärfebereiche zwischen “analog” und “digital”. Er lebt und arbeitet derzeit als freischaffender Künstler in München, daneben ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Entwerfen und StadtArchitektur der Bauhaus-Universität Weimar für Prof. Andreas Garkisch tätig. Seine skulpturale und performative Arbeit wurde im Rahmen zahlreicher Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt und mit diversen Preisen und Förderungen ausgezeichnet.

Saddler sewing machines, steel, leather, pieces of fur: the collection in Max Weisthoff’s studio is characterized by heavy materials and tools as well as works on paper, sketchbooks, and a wealth of electronic components. Continuous work on the unfinished is what influences the artist’s exhibiting activities. Alongside sculpture and installation, it is the body—especially the artist’s own—that is the ongoing focus of his site-specific actions and performances. The archaic nature of the tools and materials provide the format for this exploration of the body and themes such as masking, withdrawal, control, and encroaching space.

Ten decommissioned floodlights from the 1972 Olympic Stadium in Munich—each with a diameter of 80 centimeters and each weighing 30 kilos—became part of the material storage last year as a donation. Two of the spotlights have since been converted into massive bass speakers for the hybrid performance “Industrial Music for Industrial People” (2021, Rosa Stern Space). During his time at the Kunstraum, Max Weisthoff will be further experimenting with their technoid forms and investigating their specific resonance behavior. The exhibition space will be transformed into a sculptural laboratory situation.

Max Weisthoff (*1988, Hannover) studied fine arts at the Muthesius Kunsthochschule in Kiel and the Academy of Fine Arts Munich. His performative strategies and auditory interventions examine the increasingly invasive and blurred space between the analogue and the virtual by means of automation, materiality, social access, and site-related sculptural observation of spaces. Weisthoff is a freelance artist currently based in Munich and also works as an academic lecturer at the Bauhaus University in Weimar. His sculptural and performative work has been featured in numerous exhibitions in Germany and abroad and also been awarded with prizes and grants.

HOUSES THAT CAN SAVE THE WORLD

Von den USA und Lateinamerika über Europa und den Nahen Osten bis hin zu Asien und Australien und darüber hinaus nimmt eine Revolution des Wohndesigns ihren Verlauf, da wir uns alle den Herausforderungen unseres Anthropozäns stellen müssen: Klimawandel und umweltschädliche Kunststoffe, globale Migration und die damit einhergehende Geopolitik, schnell wachsende Städte und eine alternde Bevölkerung. Eine weltweite Bewegung für symbiotische und sinnvolle Designlösungen ist im Gange, die unser Verständnis von dem Ort, den wir »Zuhause« nennen, neu definiert. Es handelt sich um nachhaltige Wohnmodelle, die große Veränderungen in der Art und Weise erfordern, wie wir uns heute unsere Häuser vorstellen und bauen. Partizipativ und achtsam verknüpfen diese neuen Hausbau-Taktiken Wissen aus den verschiedensten Bereichen, um würdige und nachhaltige Wohnformen für eine gesündere Zukunft zu schaffen/entwickeln.

Teilnehmer:innen: Võ Trọng Nghĩa Architects (Vietnam), DesignBuildBLUFF (USA), Emerging Objects (USA), Husos Arquitecturas (Spanien), ZAV Architects (Iran), CCA Architectural Ecologies Lab (USA), Practice Architecture (Großbritannien), People’s Architecture Office (China), Stephanie Chalthiel/MuDD Architects (Frankreich/Spanien), MUD projects (Niederlande), Abeer Seikaly (Jordanien)

Die Ausstellung basiert auf dem gleichnamigen Buch, das im September 2022 bei Thames & Hudson, London, erscheinen wird.

Kuratiert von Courtenay Smith (DE) and Sean Topham (GB)

Die Ausstellung wird gefördert von der IKEA Stiftung.

Kunstraum.Kunstraum
der mobile Podcast
mit Emily und Ralf
www.kunstraum-muenchen.de/podcast/

From the USA to Latin America, Europe to the Middle East, Asia to Australia and beyond, there is nothing short of a home design revolution underway as we all face the challenges of our Anthropocene era: climate change and polluting plastics, global migration and its accompanying geopolitics, rapidly expanding cities and an ageing population. A worldwide movement embracing symbiotic and sensible design solutions is underway that is redefining our understanding of the place we call “home.” These are sustainable housing models that demand big changes to the way we imagine and build our homes today. Participatory and mindful, these new home building tactics link together knowledge from myriad fields to create dignified and sustainable forms of habitation for a healthier tomorrow.

Featuring Võ Trọng Nghĩa Architects (Vietnam), DesignBuildBLUFF (USA), Emerging Objects (USA), Husos Arquitecturas (Spanien), ZAV Architects (Iran), CCA Architectural Ecologies Lab (USA), Practice Architecture (UK), People’s Architecture Office (China), Stephanie Chalthiel/MuDD Architects (France/Spain), MUD projects (Netherlands), Abeer Seikaly (Jordan)

The exhibition is based on the book of the same name that is being published by Thames & Hudson, London, in September 2022.

Curated by Courtenay Smith (Germany) and Sean Topham (UK)

The exhibition is made by possible with the generous support of the IKEA Foundation.

ZAV Architects, Tehran, Iran
Presence in Hormuz 02, Maharaja Residence, 2018–2020

Hormuz Island, Persian Gulf, Iran
Foto © Soroush Majidi

Gustav Metzger – Revisited

Am Beispiel von Arbeiten aus der Ausstellung »Gustav Metzger – Revisited« diskutieren wir gemeinsam mit Dr. Doris Leutgeb, Kustodin und Sammlungsleiterin der Generali Foundation, Salzburg, über das kunsthistorische und juristische Spannungsfeld im Umgang mit Urheberrecht und Urheberschaft von Kunst. Gustav Metzger, der stets um die Auflösung des klassischen Werkbegriffs bemüht war, stellte in seinen Kunstwerken, Aktionen und Manifesten Begriffe wie »Einmaligkeit«, »Autorenschaft« und »Ewigkeitswert« infrage – und damit die Nachwelt vor ganz besondere Aufgaben, wie damit heute umzugehen ist.
Ergänzend gibt die Filmemacherin Juli Lambert Einblicke in die Entstehung der filmischen Dokumentation der Aktion »Travertin/Judenpech«, die Gustav Metzger 1999 vor dem Haus der Kunst in München verwirklichte.

Dr. Doris Leutgeb ist Kunsthistorikerin mit einer Spezialisierung auf Kunstrecht, Kustodin und Leiterin der Sammlung Generali Foundation – Dauerleihgabe am Museum der Moderne Salzburg. Von 2000–2015 war sie für die Generali Foundation in Wien tätig, seit 2001 als Stellvertreterin der künstlerischen Leitung und Geschäftsführung und seit 2008 als Sammlungsleiterin. 2015 absolvierte sie den post-graduate Masterlehrgang »Kunst und Recht« an der Karl-Franzens-Universität Graz und 2017 den Zertifikatskurs »Forum Kunstrecht« an der Universität Wien, für den sie seit 2019 an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien Vorträge hält. Sie ist Mitglied der Forschungsgesellschaft »Kunst & Recht« und publiziert als Autorin Texte zu zeitgenössischer Kunst und Kunstrecht mit Schwerpunkt Urheberrecht.

Die Regisseurin und Autorin Juli Lambert studierte Dokumentarfilm- und Fernsehregie an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Seit ihrem Abschlussfilm »Die Hebamme« (2008) hat sie sich mit dokumentarischen Projekten innerhalb der Bindungsforschung einen Namen gemacht, z. B. mit »Die Fremde Situation – Kleinkinder mit ihren Müttern« (2013). Hauptberuflich arbeitet Juli Lambert seit 2001 im Bayerischen Rundfunk, aktuell als Sendeleiterin und Medienmanagerin im Sendezentrum Freimann. 1999 begleitete sie mit der Kamera die Aktion »Travertin/Judenpech« von Gustav Metzger im Rahmen von »Dream City« (25. März – 20. Juni 1999, Kunstraum München, Kunstverein München, Museum Villa Stuck und Siemens Kulturprogramm).