Neringa Vasiliauskaitė
Repetitions & Rituals

20. Juni - 28. Juli 2024

Eröffnung:
19. Juni 2024, 19:00 Uhr

© Neringa Vasiliauskaitė (2024)

Neringa Vasiliauskaitė entwickelt für den Kunstraum München einen Zyklus neuer raumbezogener Arbeiten, die an Erinnerungsmomente ihrer Kindheit anknüpfen. Die vielschichtigen und mehrdeutigen Werke, sowohl an der Wand als auch im Raum verteilt, fungieren als Metaphern für wiederkehrende alltägliche Rituale und untersuchen die Transformation von verschiedenen Aggregatzuständen, Zeitsträngen sowie damit verbundenen Emotionen und Bedeutungen.

Die groß- und kleinformatigen Objekte aus bedrucktem Textil auf gepolstertem Untergrund, begossen mit Epoxidharz und eingearbeiteten Elementen aus Holz, lassen die Grenzen und Bedeutung zwischen Innen und Außen verschwimmen und eröffnen ein Spiel zwischen Material(transfer) und Wiederholung, Imitation und Gegensätzlichkeit: Glänzende Oberflächen erinnern an Leder von Möbeln oder an menschliche Haut – ähnlich eines künstlich geschaffenen Körpers; scheinbar harte Oberflächen werden fließend, weiche Oberflächen härten aus oder reproduzieren sich selbst in Form und Textur.

Neringa Vasiliauskaitės Praxis ist beeinflusst von Theorien des Psychoanalytikers Didier Anzieu und des Xenofeminismus. Sie interessiert sich dafür, wie Objekte die Umwelt aufnehmen und diese durch ihre Oberfläche, ihre Haut, reflektieren, als ob sie Informationen aus verschiedenen kulturellen Ebenen und Generationen in sich tragen würden. Inspiriert wird die Künstlerin von Alltagsgegenständen und Formen, die sie in ihrer Umgebung, in der Natur und im öffentlichen Raum wahrnimmt. Dabei experimentiert sie nicht nur mit den Werkstoffen in teils ergebnisoffenen Prozessen; zerlegt oder dekonstruiert Fundstücke, sondern fügt die verschiedenen, oft synthetischen Materialien in neuen Oberflächen und Objekten zusammen. In diese werden persönliche Erinnerungsfragmente der Künstlerin eingearbeitet und mit Motiven von kosmologischen Ordnungen und archetypischen Symbolen verknüpft. Die Kombination verschiedener Träger erschließt Schicht für Schicht die eingeschlossenen Erinnerungen und Erfahrungen, seien sie persönlich, sozial, historisch oder kulturell. Sie werden quasi in ihren verschiedenen Schichten und Geschichten bloßgelegt und ihres Zweckes enthoben, um in ihnen Neues, noch nicht Entdecktes zu finden.

Zentrales Motiv der Objekte sind von Glas umhüllte »Sekretas« sog. »verborgene« oder »eingefrorene« Fundstücke, die einen spezifischen Moment oder Tag aus der Vergangenheit reflektieren. Der Name »Sekretas« geht auf eine Freizeitbeschäftigung von Kindern und Jugendlichen aus Litauen zurück, bei der kleine Gegenstände, wie Blumen, Flaschendeckel oder gefundene Objekte unter Glas oder eine Glasscherbe gelegt und diese mit Erde oder Staub bedeckt wurden. Passant:innen konnten sie zufällig entdecken oder sie verschwanden für immer aus dem Blickfeld. Die »Sekretas« dienen in der Ausstellung als Metapher für innere Räume, für die Verhandlung der Grenze zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, zwischen dem Körperlichen, dem Haptischen und dem Digitalen.

»Repetitions & Rituals« lädt dazu ein, die subtile Grenze zwischen Innen und Außen zu erkunden, das Verständnis von Identität und die Beziehung zur digitalen Welt zu reflektieren und eine neue Sensibilität für die Bedeutung von Körperlichkeit und Erinnerung zu schaffen, indem kulturelle Schichten aufgedeckt und durch subjektive Erfahrung betrachtet werden.

Führung mit der Künstlerin und den Kuratorinnen:

Sonntag, 30. Juni 2024, 17:00 Uhr

Gastvortrag und Gespräch zur Ausstellung:

Samstag, 13. Juli 2024, 17:00 Uhr

PD Dr. Jörg Sternagel, Medienphilosoph, Universität Passau: »Den Sachen auf den Grund gehen – Zur Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit der Dinge«